„Wunsch nach Sterbehilfe aus Angst heraus geboren“
| Friedel-Orth-Hospiz
Der Mensch verliert die Kontrolle über sein Leben, wenn er schwer erkrankt und das Sterben in greifbare Nähe rückt. "Der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe ist aus der Angst vor dem Schmerz und dem Alleinsein geboren. Wenn gezeigt wird, dass es andere Lösungen gibt, ist der Wunsch auch weg", sagt Frieslands Landrat Sven Ambrosy. Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Karin Evers-Meyer und Helga Kühn-Mengel, SPD-Beauftragte für die Belange von Patienten, sowie Hospizleiterin Irene Müller diskutierte er am Montag, 27. Oktober 2014, im Friedel-Orth-Hospiz in Jever über die medizinische Versorgung im ländlichen Raum. Das Angebot ist da, es muss aber noch weiter ausgebaut werden. Allein und hilflos soll in Friesland keiner sterben.
Zu einem runden Tisch kamen zuvor am Nachmittag die ambulanten und stationären Hospizdienste aus Friesland, Wittmund und der Wesermarsch mit den Krankenkassen zusammen. Im Mittelpunkt stand die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen im Raum Varel. Dabei kam immer wieder die Frage auf, wie Menschen ihre letzte Lebensphase würdevoll erleben können. Auch eine stationäre Palliativversorgung durch ein Hospiz ist in dem Bereich nicht ausgeschlossen.
"Meine Meinung nach kommt zuletzt die Diskussion um die Sterbehilfe. An erster Stelle steht das Leben und Sterben in Würde", sagte Karin Evers-Meyer. Vor allem für den Landkreis Friesland sei die demografische Zukunftsplanung existentiell, da der Landkreis zu den ältesten in Niedersachsen gehöre, so Sven Ambrosy. Seiner Schätzung nach gebe es in 15 Jahren in Friesland 50 Prozent mehr pflegebedürftige Menschen als jetzt. Umso wichtiger ist die Vernetzung zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen, die durch das Treffen vertieft wurde. In der Expertenrunde brachte Sven Ambrosy die Idee ein, in Varel eine Außenstelle des Friedel-Orth-Hospizes in Jever zu errichten. Die mission:lebenshaus gGmbH, eine 100 prozentige Tochtergesellschaft des Vereins für Innere Mission, betreibt bereits drei Hospize in Jever, Wilhelmshaven und Falkenburg. Sie müsse allerdings erst intensiv prüfen, ob dies in enger Kooperation mit den ambulanten Diensten realisierbar und finanzierbar wäre, erklärte Hospizleiterin Irene Müller.
Ein starkes Netzwerk spielt schon heute eine große Rolle in der palliativen Versorgung. "Der ganze Bereich lebt vom Ehrenamt", sagte Helga Kühn-Mengel im Nachgespräch in Jever. Ohne die Menschen, die sich freiwillig und unentgeltlich in den Einrichtungen für die Menschen stark machen, kann die palliativmedizinische Versorgung in dem Maße nicht angeboten werden, denn die Kranken- und Pflegekassen übernehmen nur einen Teil der Gesamtkosten und Leistungen. Ohne die Ehrenamtlichen geht es nicht, deshalb seien die Menschen aus der Region auch die "Schirmherren der Einrichtung", so Irene Müller.